Stellen Sie sich vor, …

…Sie haben eine 16-jährige Tochter, die regelmäßig von Ihrem Händler des Vertrauens Produktinformations-Mails zu Produkten, wie Säuglingsnahrung, Windeln, Babykleidung und Pflegeprodukte für die Kleinen bekommt. Als Sie eine dieser Mails, heimlich und natürlich unabsichtlich, zu Gesicht bekommen, sind Sie wahrscheinlich etwas verwirrt. Sie sind sich nämlich ganz sicher, dass Ihre Tochter keinerlei Kontakt zum männlichen Geschlecht pflegt. Wie kann es also sein, dass der Einzelhändler Ihrer Tochter solche Produktinformations-Mails zuschickt?

Also entschließen Sie sich, die Person zur Rede zu stellen. Doch nicht etwa Ihre Tochter, sondern den Einzelhändler. Gleich am nächsten Tag stürmen Sie die Filiale des besagten Einzelhändlers und machen die Filialleitung so richtig schön rund. Sie machen den Verantwortlichen vor den Augen der anderen Kunden eine richtig schöne Szene, denn schließlich geht es hier um die Ehre Ihrer Tochter. Anschließend fahren Sie nach Hause und berichten stolz Ihrer Tochter, wie Sie ihre Ehre verteidigt haben. Doch dann passiert etwas, womit Sie nicht gerechnet haben. Ihre Tochter beichtet Ihnen, dass sie durchaus mit dem männlichen Geschlecht verkehrt und dabei auch schwanger geworden ist.

Wahrscheinlich fallen Sie in solch einem Moment aus allen Wolken. Sie werden sich fragen, wie das passieren konnte und wie es jetzt weiter geht. Dann fällt Ihnen die Filialleitung ein, die Sie vor versammelter Mannschaft rundgemacht haben und das, wie es sich herausgestellt hat, völlig zu Unrecht. Und noch etwas beschäftigt Sie. Wieso wusste der Einzelhändler, was in Ihrem Haushalt abgeht, während Sie völlig im Dunkeln tappten?

Alles an den Haaren herbeigezogen?

Eine Reihe Einkauswagen in einem amerikanischen Target-Supermarkt.
Die amerikanische Einzelhandelskette Target setzte früh auf Künstliche Intelligenz zur Auswertung der Kaufinteressen (Bild: Abhinav Bhardwaj)

Keineswegs. Dieses Szenario basiert auf wahren Begebenheiten und ereignete sich in den USA in einer Filiale des Einzelhändlers Target. Ein besorgter Vater bekam rein zufällig eine Produktinformations-Mail des Einzelhändlers zu Gesicht, die an seine Tochter adressiert war und den Rest kennen Sie ja. Diese Story ging bereits vor vielen Jahren durch die Medien und wurde unter anderem von dem Organisations-Psychologen Adam Grant in seinem Buch „Nonkonformisten: Warum Originalität die Welt bewegt“ aufgegriffen.

Grant wählte den Einzelhändler Target jedoch nicht wegen der Story für sein Buch aus, sondern weil das Unternehmen als eines der ersten in den USA zwei Technologien miteinander kombinierte, die es dem Unternehmen ermöglichten, einen bis dato noch nie dagewesenen Einblick in den Haushalt seiner Kunden zu gewinnen. Laut der Recherche von Grant, waren die Verantwortlichen bei Target damals selbst überrascht, wie gut das System funktionierte und natürlich nach wie vor funktioniert.

Möglich wird das hier Beschriebene durch die Kombination von Big Data und Deep Machine Learning. Dabei handelt es sich um Teildisziplinen der Künstlichen Intelligenz, mit deren Hilfe große Mengen von Daten gesammelt und anschließend mit Algorithmen analysiert werden. Das Besondere daran ist, dass die Algorithmen selbstständig lernen und ihre Schlüsse ziehen, was wir als Kunden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit als Nächstes benötigen.

Ein Beispiel: Wenn Sie bisher noch nie Hundefutter gekauft haben und jetzt plötzlich damit anfangen, dann erkennt das ein KI-basierter Algorithmus und wird Ihnen anschließend entsprechende Produktempfehlungen zukommen lassen. Es reicht nämlich bereits, wenn Sie das Hundefutter ein- oder zweimal kaufen. Woher der Algorithmus das weiß? Nun, er hat Zugang zu Unmengen von Kundendaten, die ihm das verraten. Sie sind nämlich nicht die erste Person, die ihr Einkaufsverhalten derartig ändert. Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr groß, dass Sie sich einen Hund angeschafft haben. Oder eben Nachwuchs erwarten, wie es im oberen Beispiel der Fall war.

Und wenn Sie jetzt denken, …

dass Ihnen so etwas nicht passieren kann, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Die Chancen stehen sogar ziemlich gut dafür. Das Interessante ist nämlich, dass wir als Kunden unsere Daten freiwillig weitergeben. Möglich machen das Bonusprogramme, wie PAYBACK oder DeutschlandCard. Wie beschrieben, liegt die Target-Story bereits einige Jahre zurück. In der Zwischenzeit haben die Bonussysteme auch den deutschen Markt erobert. PAYBACK belohnt seine Kundinnen und Kunden bereits seit über 15 Jahren als größtes deutsches Bonusprogramm. Laut des Bonusprogramm Monitors 2019 nimmt jeder deutsche Verbraucher im Durchschnitt an 4,6 Bonus- oder Vorteilsprogrammen teil. 53 Prozent der Teilnehmer sind weiblich und 47 Prozent männlich.

Menschen sitzen vor dem Laptop u d deuten auf den Bildschirm.
Sage mir, was du kaufst und ich zeige dir, wer du bist! Für viele kann es überraschend sein, wie viel der Händler ihres Vertrauens über sie weiß. (Bild: John Schnobrich/Unsplash)

Aber auch Anbieter von E-Commerce-Software, wie beispielsweise Shopify, bieten ihren Nutzerinnen und Nutzern zahlreiche Werkzeuge, um das Kundenverhalten im eigenen Online-Shop zu analysieren und anschließend personalisiertes Marketing betreiben zu können.

Neben diesen Lösungen unterstützen auch die sozialen Medien den Einzelhandel bei der Ausspielung von personalisiertem Marketing. Das Besondere ist, dass die Menschen in den sozialen Medien auch ganz ohne Bonusprogramme ihre persönlichen Lebensumstände teilen, z.B. den Nachwuchs im Haushalt. Wenn Sie nun wiederum Babykleidung vertreiben, können Sie mithilfe von Werbeanzeigen in den sozialen Medien gezielt die Personen ansprechen, die gerade Nachwuchs erwarten oder bereits bekommen haben. Der Vorteil: Sie bezahlen nur Anzeigen, die auch ankommen, da die sozialen Netzwerke, anders als traditionelle Medien, ein Cost per Click Geschäftsmodell betreiben. Dabei entstehen Ihnen nur Kosten, wenn die potenziellen Kundinnen und Kunden Ihre Anzeige anklicken, um sich über das Produkt zu informieren.

Es muss also nicht gleich die teure und große Komplettlösung sein, wenn man von den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz im Einzelhandel profitieren möchte. Unsere Beraterinnen und Berater unterstützen Sie gerne dabei. Und das vollkommen kostenlos, Dank der Förderung.

Dieser Beitrag erschein zuerst bei Niedersachsen Digital aufgeLaden und wurde im Rahmen unserer Themenwoche Künstliche Intelligenz übernommen.

 

(Bild: Brooke Cagle/Unsplash)