Die Digitalisierung ist ein Fluch. Die Hans-Böckler-Stiftung hat 2018 eine Studie durchgeführt, an der 2.640 Erwerbstätige teilgenommen haben. Das Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie stark die Beschäftigten in Deutschland an digitalem Stress leiden und welche Faktoren diese Belastung begünstigen. Die Studie führte zehn Kernergebnisse zu Tage, die heute immer noch aktuell sind und mittlerweile wenig überraschen. Die vollständigen Ergebnisse können Sie bei der Hans-Böckler-Stiftung nachlesen. An dieser Stelle möchte ich nur ein paar Beispiele herausgreifen.

Unter anderem wurde festgestellt, dass digitaler Stress mit einer deutlichen Zunahme von gesundheitlichen Beschwerden einhergeht. Bandscheibenvorfälle, Essstörungen und Burn-outs sind längst keine Alterserscheinungen mehr, sondern immer öfter auch bei jungen Menschen anzutreffen und auf digitalen Stress zurückzuführen. Digitaler Stress ist bei Beschäftigten zwischen 25 und 44 Jahren am stärksten ausgeprägt. Den geringsten digitalen Stress empfinden die Beschäftigten ab 64. Kurz vor der Rente würde ich mich auch nicht mehr von einer IT-Umstellung stressen lassen.

Digitaler Stress vermindert zudem die berufliche Leistungsfähigkeit. Es überrascht, dass der Digitalisierungsgrad des Arbeitsplatzes nicht allein ausschlaggebend für das Level an digitalem Stress ist.

Was tun gegen digitalen Stress?

Laut der Techniker-Krankenkasse beklagen sich bereits 67 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger über Stress, ständige Hektik und Unruhe (TK-Stressstudie). Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Welt um uns herum immer schneller zu drehen scheint. Und das Schlimme ist, dass wir selbst dafür verantwortlich sind. Auf dem Weg zur Arbeit in der Straßenbahn checken wir die ersten beruflichen E-Mails. Dabei fällt uns ein, dass die beste Freundin morgen Geburtstag hat, also bestellen wir schnell noch ein Geschenk bei Amazon, damit es bereits heute Nachmittag bei uns ankommt.

Frau mit Kaffee in der Hand telefoniert.
Laut einer aktuellen Studie beklagen sich 67 Prozent der Befragten über Hektik und Stress im Alltag. (Bild: Ono Kosuki/Pexels)

Am Bahnhof angekommen, holen wir uns einen Green Latte Macchiato von Starbucks und eilen ins Büro zum ersten Meeting. Während des Meetings erreicht uns auf unserem Smartphone die erste Notifikation von Amazon, dass unsere Bestellung eingegangen ist und bearbeitet wird. Anschließend folgen ein paar Popups von Influencerinnen auf Instagram, denen wir folgen. Und so geht es dann den lieben langen Tag weiter. Natürlich fühlen wir uns geradezu genötigt, jedes Mal unser Smartphone in die Hand zu nehmen, sobald eine neue Notifikation eingeht. Kurz um: Internet und Social Media machen süchtig.

Notifikationen setzen Glückshormone frei

Es ist entscheidend zu verstehen, was in unserem Körper vor sich geht, sobald eine neue Notifikation auf dem Display unseres Smartphones erscheint. Denn jedes Mal, wenn das passiert, schüttet unser Körper das Hormon Dopamin aus, das als Botenstoff des Glücks bekannt ist. Und wer möchte schon nicht glücklich sein? Aufgrund unserer Glückserwartung über einen Like oder Kommentar zu einem Post, den wir im Internet abgesetzt haben, greifen wir automatisch zum Smartphone. Über den Tag verteilt nehmen wir so regelrecht ein Dopaminbad, das uns eben süchtig machen kann. Aber eben auch zu all den Problemen führt, die ich zuvor beschrieben habe.

Da ich diesen Mechanismus aus erster Hand kenne, möchte ich hier etwas Aufklärungsarbeit leisten und mein Wissen teilen, wie man trotz der zahlreichen Ablenkungen maximal produktiv sein und den digitalen Stress reduziert kann:

Blockzeiten einrichten

Ich habe es mir angewöhnt, meine Arbeit in Blockzeiten zu organisieren. Ein Block hat dabei den Aufbau 60-60-20. Ich gebe 50 Minuten lang Gas und bin maximal auf die vor mir liegende Tätigkeit fokussiert. Anschließend mache ich zehn Minuten Pause, während der ich mich bewege und mir einen frischen Kaffee hole.

Frau in entspannter Haltung am Schreibtisch mit Laptop.
Bei der Arbeit bewusste Pausen ohne Smartphone einrichten – So kann digitaler Stress vermindert werden. (Bild: Nataliya Vaitkevich/Pexels)

Wichtig! Während der Pause wird das Smartphone nicht angetastet. Höchstens, um den Pausen-Timer auf zehn Minuten zu setzen. Anschließend gebe ich wieder 50 Minuten Gas und mache wieder zehn Minuten Pause. In Summe habe ich so zwei Sprints á 50 Minuten fokussierter Arbeitszeit zuzüglich unterstützender Pausen hinter mir. Die anschließenden 20 Minuten nutze ich dann, um in der Zwischenzeit eingegangenen Telefonate zu beantworten oder mir eine etwas längere Pause zu gönnen.

Flugmodus aktivieren

Während dieser 120 Minuten kann man mich nicht erreichen. Weder telefonisch noch per Mail oder Chat. Hier bin ich knallhart, weil ich während der Sprints den Shit gemacht haben will. Wenn auch Sie den Shit gemacht haben wollen, empfehle ich Ihnen den Flugmodus zu aktivieren oder noch besser auf „Nicht stören“ zu schalten, wodurch alle Notifikationen nicht mehr von einem aufleuchtenden Display oder Vibrationsalarm angekündigt werden. Im Anschluss an die Blockzeit können Sie diese ja immer noch prüfen.

Elefanten zuerst einplanen

Mein Coach brachte mir bei, dass ich der alleinige Herr über meine Zeit bin, und das sollte ich nicht aus der Hand geben. Aus diesem Grund plane ich am Ende einer Arbeitswoche bereits die nächste. Dabei sind mir besonders meine Elefanten wichtig. Das sind die zwei oder drei Aktivitäten, die ich in der nächsten Woche auf jeden Fall erledigt haben will. Für heute habe ich mir beispielsweise vorgenommen, diesen Netzbeitrag zu schreiben. Hierfür habe ich mir bereits letzte Woche eine Blockzeit in meinen Kalender gelegt.

Wenn Sie Ihre Elefanten bereits im Voraus planen, dann müssen sich alle anderen um ihre Elefanten herum organisieren. Und zwischen Elefanten ist nun mal nicht so viel Platz. Im Umkehrschluss bekommen Sie so nicht nur mehr Shit getan, sondern werden auch deutlich weniger durch andere belästigt, weil dafür einfach kein Platz ist. Probieren Sie es aus. Nach einer gewissen Zeit werden sich die Leute an Ihre Elefanten anpassen, allein schon deshalb, weil die meisten nicht dominant genug sind, um für Terminkollisionen zu sorgen. Voraussetzung ist natürlich, dass Sie Ihre Elefanten verteidigen, diese sind nämlich trotz ihrer Größe einfühlsame Geschöpfe.

Social Media Slots festlegen

Ich habe mir einen Social Media Slot von 50 Minuten am Abend eingerichtet. Während dieser Zeit beantworte ich meine privaten Mails sowie Chats und nehme mir die Zeit zu Recherchieren und ein bisschen im Internet zu surfen. So lässt sich die Überflutung mit Informationen steuern und minimieren. Mit meinen beruflichen E-Mails halte ich es übrigens ähnlich. Diese beantworte ich einmal morgens und einmal nach der Mittagspause.

Junger Mann mit Mütze sitzt auf dem Sofa am Couchtisch und lernt oder arbeitet.
Wichtige Aufgaben zuerst einplanen und feste Zeiten für E-Mails und Social Media einhalten, kann helfen, Ablenkungen bei der Arbeit zu reduzieren. (Bild: Karolina Grabowska/Pexels)

Hier halte ich mich an das Vorgehen von Napoleon Bonaparte, der seine Post nur einmal im Monat prüfte. Die meisten Dinge hatten sich dann bereits erledigt. Sie werden es nicht glauben, aber auch hier fangen die Leute nach einer gewissen Eingewöhnungszeit an, sich nach Ihnen zu richten. Und wenn es wirklich etwas Wichtiges ist, so können die anderen immer noch zum Hörer greifen.

Notifikationsfunktion ausschalten

In diesem Zusammenhang steht auch dieser Tipp. Ich habe die Notifikationsfunktionen für all meine Kommunikations-Apps ausgeschaltet. Dies hat den Vorteil, dass ich zwischendurch nicht in Versuchung komme, diese doch zu lesen oder zu beantworten. Stattdessen nehme ich mir bewusst einen Zeit-Slot, an dem ich die Mitteilungen prüfe. Da ich sie auf dem Homedisplay nicht sehe, muss ich bewusst die Apps öffnen. Durch dieses Vorgehen kann mich nichts von meiner aktuellen Tätigkeit ablenken oder aus der Bahn werfen. Ich bestimme also selbst über meine Zeit. Ist das nicht wahre Freiheit?

Bevor Sie jetzt sagen, dass das bei Ihnen nicht funktioniert, möchte ich Sie bitten, die Tipps einfach mal auszuprobieren. Wenn Sie ein Clickworker sind, so wie ich es bin, dann werden Ihnen die Tipps gute Dienste leisten. Und wenn es trotzdem nicht funktioniert, dann fragen Sie sich, wie es funktionieren könnte. Das Leben ist zu kurz, um es nicht selbstbestimmt zu führen.

Also, ich bin ein begeisterter Verfechter der Digitalisierung. Ich bin davon überzeugt, dass wir im besten aller Jahrhunderte leben. Und dass das 21. Jahrhundert insbesondere durch die Digitalisierung uns zahlreiche Möglichkeiten bietet.

Die Digitalisierung ist ein Segen, wenn wir sie für uns richtig nutzen. Ich hoffe, dass Sie dieser Beitrag dabei unterstützt, maximal produktiv zu sein und die digitalen Chancen zu ergreifen, die sich Ihnen bieten.

(Titelbild: Kindel Media/Pexels)