Das Lenkrad dreht sich wie von Geisterhand. Das Auto setzt selbständig zum Überholen an und schert sicher wieder ein. Ein Kind läuft auf die Straße, eine Rettungsgasse wird dringend gebraucht: Auch hier handelt das Auto rechtzeitig, sicher und selbsttätig. Nicht zuletzt stellt es sich von allein auf Regen oder Nebel ein. In dieser Vorstellung vom autonomen Fahren steckt bereits sehr viel Realität. Wie viel, das präsentiert die Automotive Agentur Niedersachsen an einem Gemeinschaftsstand bei der Hannover Messe vom 17.-21.4.2023 (Halle 14 und Außengelände).
Der Automotive Agentur Niedersachsen ist es gelungen, vier führende niedersächsische Forschungsinstitute als Mitaussteller zu gewinnen. Sie zeigen somit erstmals gemeinsam an einem Ort den aktuellen Stand ihrer Wissenschaft und Entwicklung zum autonomen und vernetzten Fahren – in den Bereichen Automotive, Infrastruktur, KI-Simulation und Landtechnik. Der Gemeinschaftsstand, der daher auch von der Digitalagentur Niedersachsen mitgetragen wird, befindet sich in der „Industrial Wireless Arena + 5G Networks & Applications“-Arena, die die Deutsche Messe AG bei der weltweit größten Industrieschau in diesem Jahr erstmals anbietet.
Das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) – alle aus Braunschweig – und das Deutsche Forschungszentrum Künstliche Intelligenz (DFKI) aus Osnabrück finden somit optimale Voraussetzungen, ihre Technologien live und praxisnah zu zeigen. Die Mobilität der Zukunft wird erlebbar, da das Messegelände in Hannover Teil des Reallabors „Testfeld Niedersachsen“ ist und für die Demonstrationen und Simulationen einen hoch innovativen 5G Multifunktionscampus vorhält.
Die Showcases im Einzelnen
Autonomes Fahren – live erleben, im Auto und per Simulation: Sie können Rettungsgasse von ganz allein und selbsttätig überholen! TEASY III und TIAMO II fahren bereits autonom. Das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) hat sie mit entsprechenden Fahrfunktionen und einer hochgenauen 360º-Sensorik ausgestattet. Auf dem Messegelände zeigen die beiden dank des 5G-Kommunikationsstandards live, was sie können: TEASY III bildet automatisiert eine Rettungsgasse, während TIAMO II das „Polizeiauto“ mimt. Und das Beste: TEASY III fährt mit Gästen vom Messegelände auf den Messeschnellweg und wird dann ein Teilstück autonom fahren. Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter des NFF sind natürlich auch mit an Bord.
Aber klappt der Überholvorgang auch wirklich? Bremst das autonome Fahrzeug rechtzeitig, wenn plötzlich ein Kind auf die Straße läuft? Automatisierte und vernetzte Fahrzeuge können zur Entlastung des Straßenverkehrs, zur Reduktion von Unfallzahlen und zur Steigerung des Komforts im Fahrzeug beitragen. Um dies Wirklichkeit werden zu lassen, braucht es auch leistungsfähige und flexible Test-Infrastrukturen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erfasst auf dem Freigelände der HANNOVER MESSE digital die Umgebungsdaten und zeigt sie auf einer großen Videowand bzw. am Stand in der Halle 14. Besucherinnen und Besucher können miterleben, wie kritische Verkehrssituationen gemeistert werden.
Autonomes Fahren auch bei schlechtem Wetter gewährleisten
Autonomes Fahren soll aber nicht nur bei Sonnenschein funktionieren. Die Technik muss auch bei Nebel, Regen oder Schnee verlässlich und sicher sein. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) zeigt, wie sie in ihrem Forschungszentrum Technology and Innovation Center for Automotive Research (kurz: TI-CAR) die Messtechnik und das Zusammenspiel der Sensoren untersucht und welche Rolle Wettereinflüsse, Alterung oder Unfälle spielen. Das Forschungszentrum befindet sich noch im Planungsstadium, weshalb die Fahr- und Fahrzeugprüfungen mittels VR-Simulation vorgestellt werden. Darüber hinaus steht ein ID.4 von Volkswagen, ausgestattet mit Sensorik vom Niedersächsischen Forschungszentrum für Fahrzeugtechnik (NFF) zur Verfügung, um über Monitore darzustellen, was Sensoren wahrnehmen, wenn es zu Sichtbehinderungen durch Nebel, Regen oder Schnee kommt.
Von der Straße auf den Acker: „Lero“, der autonome Agrarroboter des Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), kann alleine rausfahren und Salat- oder Gemüsepflanzen überwachen. Er wird live zeigen, wie er das macht – und wie die per 5G in die Cloud übermittelten Daten genutzt werden können, für Hinweise und Handlungshinweise an Gärtnerin oder Landwirt und um ökologische Anbausysteme wirtschaftlicher zu machen. Irgendwann in der Zukunft werden Roboter alle Anbauschritte selbstständig übernehmen können.
Panelveranstaltungen mit weiteren Aspekten
Ergänzend zu den Showcases wird die niedersächsische Forschung im Bereich der autonomen und vernetzten Mobilität auch Thema von mehreren Paneldiskussionen in der Halle 14 sein. Am Mittwoch, 19.4.2023 von 17.15-18.15 Uhr werden die Potenziale in Niedersachsen und Herausforderungen der Institute diskutiert werden. Außerdem bietet die Diskussionsrunde die Möglichkeit, nähere Informationen über die Forschungen zu erhalten und Einschätzungen der Experten zu den genannten Themen zu hören. Inwieweit die Forschungen die zukünftige Mobilität voranbringen und wie realitätsnah die Ergebnisse sind, werden die Zuhörerinnen und Zuhörer in der Expertenrunde ebenfalls erfahren. Auf dem Podium werden dabei sein: Prof. Dr. Ing. Schrader, Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Dr. Sebastian Pütz, Nature Robots GmbH, Prof. Dr. Frank Köster, DLR Institut für KI-Sicherheit sowie ein Vertreter des Verbands der Automobilindustrie e.V.
Darüber hinaus werden die einzelnen Forschungsinstitute je eine Panel-Veranstaltung mit weitergehenden Informationen gestalten. Das DLR stellt am Dienstag, 18.4.2023 von 16.45-17.10 Uhr die Projektfamilie GAIA-X 4 Future Mobility vor. Sie ist in der Domäne Mobilität des deutschen Gaia-X Hub angesiedelt. Der Fokus der sechs Projekte liegt auf der Gaia-X-basierten Umsetzung zukünftiger Mobilitätsanwendungen. Ziel der Diskussion ist es, den aktuellen Stand der einzelnen Projekte darzustellen und – was noch wichtiger ist – zu zeigen, wie die Verknüpfung dieser verschiedenen mobilitätsbezogenen Projekte die Innovation in der zukünftigen Mobilität fördert.
3D-Pflanzkarte für Einsatz in Land- und Forstwirtschaft
Ebenfalls am Dienstag, 18.4.2023 von 17.45-18.05 Uhr wird das DFKI das EXIST-Forschungstransfer-Projekt PlantMap (Powerful Long-term Autonomous Navigation Towards Monitoring Agricultural Plants) vorstellen. Dabei wird eine zeitlich sowie räumlich hochaufgelöste dreidimensionale Pflanzenkarte einzelner Pflanzen sowie ganzer Beete entwickelt, um ökologische und wirtschaftliche Vorteile vielfältiger und mehrjähriger Anbausysteme zu erzielen. Die Pflanzenkarten werden auf Basis des eigens entwickelten und gebauten, 3D langzeit-autonom navigierenden Monitoring-Roboters „Lero“ erstellt und in eine Monitoring Benutzeroberfläche für Agronomen, Landwirte und Pflanzenzüchter überführt. Die Technologien erlauben einen vielfältigen Einsatz im Gemüse-, Obst- und Weinbau, sowie in Agroforst-, Forst-, Photovoltaik- und Agrophotovoltaik-Umgebungen.
Die PTB wird am Donnerstag, 20.4.2023 von 12-12.20 Uhr ihre Messtechnik vorstellen, mit der sie die Systemgrenzen der Fahrzeuge von morgen evidenzbasiert nachweist, und erläutern, wie sie die Auswirkungen von „alltäglichen Störungen“, wie Regen oder Nebel sowie Alterung auf das komplexe Fahrsystem untersucht. Außerdem geht sie auf das Konzept des Forschungszentrums TI-CAR ein, das künftig die Möglichkeit bieten wird, realitätsnahe, urbane Szenarien bei reproduzierbaren Wetterbedingungen zu untersuchen.
(Bild: Ruiyang Zhang/Pexels)
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