Sich in der Kunst verlieren. Den Alltag hinter sich lassen. Aus der realen Welt in eine erdachte Realität flüchten. Oder auch aktuelle Themen aufgreifen und anderen helfen sie zu verstehen. Kunst erfüllt in unserer Gesellschaft viele unterschiedliche Aufgaben. Diese Eigenschaft haben wir uns am 26.10.2023 zu Nutze gemacht und zusammen mit Antonia Sensen und Frank Wuttke vom Hi-X-DigiHub sowie Noreen Opitz vom APITs Lab in der Rasselmania Kunsthalle in Hildesheim das NFT-ArtVenture veranstaltet.

Ziel des Events war es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Hilfe von Kunst die Funktionsweise von NFTs (Non-Fungible Tokens) näher zu bringen. Während die meisten von uns NFTs in erster Linie mit digitalen Kunstwerken und deren eindeutiger Identifikation verbinden, zeigte Keynote Speaker Denes Robert Fantasny, welche Möglichkeiten NFTs im Geschäftsleben bieten.

NFTs für Kunstwerke, aber auch für Sneaker

So könnte beispielsweise ein bekannter Sneaker-Hersteller NFTs nutzen, um ein spezielles digitales Vorkaufsrecht für eine exklusive Kollektion herzustellen. Dieses Vorkaufsrecht kann er an seine Stammkundinnen und -kunden verschenken oder verkaufen. Sobald die neue Kollektion rauskommt, müssten diese Personen nicht mehr stundenlang in der Schlange stehen, um die neuen Sneaker zu ergattern, sondern könnten gleich als erste in den Laden.

Doch solch ein Sneaker-NFT hätte noch einen anderen Wert für diese Personen. Vielleicht kommen sie irgendwann zu dem Schluss, dass sie gar keine Sneaker mehr kaufen möchten. Dann könnten sie den Sneaker-NFT an eine andere meistbietende Person veräußern. Und die Person, die den NFT erwirbt, tut das, weil sie vielleicht zu dem Schluss gekommen ist, dass dies eine lohnenswerte Investition in die Zukunft des Unternehmens ist. So könnte der Sneaker-NFT im Laufe der Zeit an Wert dazugewinnen und eines Tages sogar als Türöffner für eine exklusive Auktion dienen.

Wie viel Geld bei solch einer Auktion den Besitzer wechseln kann, hat der Künstler Beeple (bürgerlicher Name: Mike Winkelmann) bei einer Aktion 2021 unter Beweis gestellt. Er veräußerte sein Werk „Everydays: The First 5000 Days“ für über 69 Millionen US-Dollar an den Meistbietenden. Das Werk ist eine Collage bestehend aus digitalen Bildern, die der Künstler seit 2007 für alle öffentlich zugänglich fast täglich postete. Die ungläubige Reaktion seiner Familie auf die Auktion veröffentlichte Beeple bei YouTube:

Ein weiteres Einsatzgebiet stellt der Fall des „Disaster Girl“ dar. Zoë Roth erregte als Kind weltweit Aufmerksamkeit. Als sie vier Jahre alt war, fotografierte ihr Vater sie vor einem brennenden Haus. Aufgrund ihres Lächelns entwickelte sie sich weltweit als beliebtes Motiv für Katastrophen-Memes (ein Bild, ein Video oder Text, humorvoller oder sarkastischer Natur). Als sie die Möglichkeiten von NFTs für sich erkannte, verkaufte sie das Foto, das ihr Vater von ihr gemacht hatte, als NFT für 180 Ether (Kryptowährung), was umgerechnet mehr als 350.000 Euro entsprach. Das Besondere dabei ist, dass das Copyright bei der Familie Roth verbleibt und sie an jedem weiteren Verkaufserlös mit zehn Prozent beteiligt wird.

NFTs als vielseitiges Geschäftsmodell

Unabhängig dieser und anderer Extremergebnisse bieten NFTs jedoch auch „herkömmlichen“ Unternehmen ganz konkrete Mehrwerte für ihr Geschäftsmodell:

  • Online-Handel mit Luxusgütern, die fälschungssicher identifiziert werden können
  • Event-Tickets, die mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet werden können, beispielsweise ein privates Exklusiv-Konzert einmal im Jahr
  • Übertragung von Eigentum (Immobilien, Anlagen, Maschinen etc.)
  • Digitale Echtheitszertifikate für hochwertige Ersatzteile im Maschinen- und Anlagenbau
  • Fälschungssichere Herausgabe von pharmazeutischen Rezepturen für die Lizenzfertigung von Arzneimitteln
  • Sicherstellen, dass KI-Module, die für bestimmte Anwendungsfälle trainiert wurden, auch nur in dem definierten Kontext Einsatz finden
  • Der Handel mit NFTs als solches
  • Community-Building, beispielsweise als Vorkaufsrechte für exklusive Produkte (Uhren, Schmuck, Autos, Events etc.)

Den letztgenannten Punkt hat unter anderem der bekannte Unternehmer Gary Vaynerchuk für sich erkannt. Mit seiner NFT-Kollektion „VeeFriends“ können sich seine Fans den Zugang zu exklusiven Events zusammen mit ihrem Star sichern. Aufgrund der begrenzten Anzahl dieser NFTs besitzen sie auch einen intrinsischen Wert. Ein Wert, für den andere Fans bereit sind zu zahlen. Auf der anderen Seite könnte Gary Vaynerchuk die NFTs auch zurückkaufen, um die Anzahl zu verknappen und so den Wert der übrigen weiter steigern. Ähnlich wie bei Aktienrückkaufprogrammen bei börsennotierten Unternehmen. Mit anderen Worten: Community-Building auf einem gänzlich anderen Niveau.

NFTs sind einzigartig und lassen sich nicht kopieren

Doch zurück zu unserer NFT ArtVenture. Den Gedanken der Community aufgreifend, gab es an dem Abend auch eine NFT-Rally. Hierzu mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer NFT Minting (englisch für Prägung) betreiben und sich einen bestimmten NFT holen. Für viele war es das erste Mal. Dieser wurde dann genutzt, um Gin von der Reccoon Distillery zu verlosen. Mit dem NFT konnte man sich dann eindeutig identifizieren.

Doch worin besteht der Vorteil von NFTs zu herkömmlichen Verschlüsselungs- und Identifikationsmethoden? Im Grunde zielt die Technologie auf die Einzigartigkeit ab. Einzigartigkeit war bisher eine Eigenschaft von Dingen der realen Welt, die sich im digitalen Raum nicht eins zu eins abbilden ließ. Vor diesem Problem standen Anfang der 2000er alle Bild-, Ton- und Textdateien. Durch ihre digitale Abbildung wurden sie zu Objekten, die beliebig oft kopierbar sind. Dies ließ unter anderem das Geschäft mit Raubkopien florieren. Aber auch Urheberrechtsstreitigkeiten sind vor diesem Hintergrund ein wiederkehrendes Thema.

NFTs unterscheiden sich von anderen Verschlüsselungs- und Identifikationsmethoden dadurch, dass sie nicht ausgetauscht oder durch identische Token (Folge zusammengehöriger Zeichen oder Bits) ausgetauscht werden können. Diese Eigenschaft macht es einfach, die Transparenz von Eigentumsrechten nachzuvollziehen und Betrugsversuche vorzubeugen.

So ließe sich beispielsweise bei Gebrauchtwagen die Transparenz über die Zahl der Vorbesitzerinnen und -besitzer abbilden, wodurch Kraftfahrzeuge schneller und ohne den Umweg über das Kraftfahrzeugamt angemeldet werden könnten. Darüber hinaus könnten Autohersteller beim Neuwagenverkauf zusätzlich eine digitale Variante ihrer Modelle als NFT mitverkaufen, sodass die Käuferinnen und Käufer ihr Fahrzeug auch im Metaverse nutzen könnten, wenn es dann kommt.