Irgendwie spielen wir doch alle gern. Ob es die Candy Crush Saga auf dem Smartphone während der Mittagspause ist oder ein FIFA-Turnier, das mittlerweile sogar von Fußballvereinen als professionelle Sportart betrieben wird. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als 2016 Pokémon Go in Deutschland veröffentlicht wurde. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Game zu einem Hype und Massen von Erwachsenen verabredeten sich am Wochenende, um in Parks und Städten mit Hilfe ihrer Smartphones die fiktiven Pokémon zu jagen, zu trainieren und mit ihnen Turniere auszufechten.
Ich persönlich spielte während meiner Schulzeit das Echtzeit-Strategiespiel Warcraft III. Zusammen mit meinem Buddy schafften wir es in der Kategorie 2-on-2 unter die Top 25 Spieler Deutschlands zu kommen. Unser Erfolg ärgerte meine Mutter sehr, weil meine schulischen Leistungen darunter litten. Mittag- und Abendessen gab es oft, während wir mitten in einem Turnier waren, sodass ich nicht sofort zu Tisch kommen konnte. Also trennte sie kurzerhand die Internetverbindung. Das ärgerte mich dann wiederum, weil ich aus dem Spiel flog und wir das Turnier verloren.
Belohnungssystem und Konzept von Verlust und Bestrafung halten uns im Spiel
Doch warum investieren die Leute so viel Zeit in Games? Nun, das liegt an den psychologischen Mechanismen hinter den Spielen, die insbesondere die Ausschüttung des Botenstoffes Dopamin anregen. Dieser wird freigesetzt, um uns für etwas zu belohnen, beispielsweise die Erlernung einer besonderen Fähigkeit oder das Meistern einer schwierigen Aufgabe. Für unser Gehirn spielt es dabei keine Rolle, ob wir diese Erfolgserlebnisse in der Realität machen oder in der virtuellen Welt, es belohnt uns trotzdem. Und weil diese Erfolgserlebnisse in einem Spiel häufiger auftreten und leichter zu erreichen sind, als in der Realität, spielen wir so gerne.
Ein weiterer psychologischer Mechanismus ist das Konzept von Verlust und Bestrafung. Wie in der realen Welt auch, schmerzt es uns, wenn wir etwas verlieren, zum Beispiel Ausrüstung oder Erfahrungspunkte. Das führt dazu, dass wir einen bestimmten Abschnitt des Spiels immer wieder spielen, um den Verlust wieder gut zu machen.
Und es gibt natürlich auch noch die soziale Interaktion, die für uns Menschen ebenfalls einen hohen Stellenwert hat. Dabei ist es nicht zwingend wichtig, ob wir im Spiel mit virtuellen Charakteren oder anderen Spielerinnen und Spielern interagieren. Wir Menschen sind soziale Lebewesen und brauchen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder auch ein gemeinsames „Feindbild“, gegen das wir ins Feld ziehen.
Spielerisch Wissen vermitteln
Vor diesem Hintergrund orientieren sich Computerspiele und Spiele im Allgemeinen sehr an der Realität. In zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen wurden diese Mechanismen erforscht und in die Spieleentwicklung eingebaut. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass diese Mechanismen auch dazu genutzt werden können, um in der realen Welt Wissen effektiver zu vermitteln.
So haben die Codenauten Julia Eleonora Wierzbowski und Marvin Priedigkeit ein Kartenspiel entwickelt, mit dem Kinder, Jugendliche aber auch Erwachsene lernen, zu programmieren, und das ganz ohne Programmiersoftware. Julia und Marvin geht es darum, Programmierkenntnisse auf möglichst spielerische und niedrigschwellige Art und Weise zu vermitteln, um Begeisterung für das Thema zu wecken. Dabei nutzen sie die weiter oben beschriebenen Mechanismen, wodurch die Spielerinnen und Spieler am Ball bleiben. Es macht ihnen Spaß und sie machen ein Erfolgserlebnis nach dem anderen. Wodurch wiederum Dopamin im Körper ausgeschüttet wird, was dazu führt, dass man weiterspielen möchte.
Aber auch das Brettspiel Monopoly ist ein gutes Beispiel für den Wissenstransfer mittels eines Spiels. In diesem Fall den Umgang mit Geld und wie man Einkommen in Vermögenswerte transformiert, die für einen arbeiten.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass das Spielen von Computerspielen auch positive Auswirkungen hat, solange es nicht exzessiv betrieben wird. So fand die Neurowissenschaftlerin Simone Kühn vom Max-Planck-Institut heraus, dass durch Computerspiele räumliches Denken und strategisches Können gefördert werden. Andere Untersuchungen brachten zu Tage, dass sogar die Sehfähigkeit gefördert wird. Selbst kleinste Details konnten die Probandinnen und Probanden erkennen. Und es fiel ihnen leichter, mit schnell wechselnden Aufgabenstellungen zurecht zu kommen.
Reale und virtuelle Welt verschmelzen miteinander
Zukünftig könnte es so sein, dass die reale Welt zunehmend mit der virtuellen verschmilzt und sich gegenseitige Abhängigkeiten ergeben. Aktionen, die wir in der virtuellen Realität durchführen würden, hätten dann Auswirkungen auf unser Leben in der realen Welt und andersherum.
Technologien wie Virtual Reality und das Konzept des Metaversums zeigen, wohin die Reise gehen kann. So veröffentlichte Apple dieses Jahr die Vision Pro, die es ihren Benutzerinnen und Benutzern ermöglicht, je nach Bedarf sowohl mit der virtuellen als auch mit der realen Welt zu interagieren, ohne dabei das Device, die Brille, abzusetzen. In der virtuellen Welt „The Sandbox” wechseln bereits heute Grundstücke im Wert von hunderten Millionen US-Dollar die Eigentümerinnen und Eigentümer, was natürlich Auswirkungen auf das Vermögen der jeweiligen Menschen in der realen Welt hat.
Auch der Profisport fasst zunehmend Fuß in der virtuellen Welt. So engagiert sich der VfL Wolfsburg als erster Fußball-Bundesligist im Bereich eSports. Mit Finn Janzen und Bastian Rupsch von der Pipe Crew haben die Wölfe zwei vielversprechende Talente gefunden, die die Zuschauerinnen und Zuschauer sowohl unterhalten als auch professionell auf dem digitalen Rasen abliefern.
Also ja, wir spielen alle gern. Der eine als Zeitvertreib, die andere, um spielend leicht Wissen und Kompetenzen zu erwerben und wieder andere, um den großen Wurf zu landen. Und zukünftig könnten wir uns alle in einer virtuellen Realität wiederfinden, die als Spiel konstruiert wurde und in der es keine Grenzen gibt, außer unserer eigenen Vorstellungskraft. So wie es uns Steven Spielberg in der Verfilmung des Science-Fiction-Romans „Ready Player One” von Ernest Cline zeigt.
Quellen:
ins-netz-gehen.de
quarks.de
t3n.de
(Titelbild: JESHOOTS.com/Pexels)
Über den Autor
Georg Redekop
Georg Redekop ist Wirtschaftsingenieur für Elektrotechnik und Experte für digitale Transformation. Mit seinen Impulsen setzt er sich aktiv dafür ein, Menschen für die Möglichkeiten der Digitalisierung zu begeistern. Dabei legt er besonderen Wert auf technologische Trends wie Low-Code und Künstliche Intelligenz sowie digitale Geschäftsmodelle und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Sein Motto: „Lasst uns spielen, um zu gewinnen.“
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